1. Einführung

Definition

Die Wundheilung ist ein natürlicher biologischer Prozess, bei dem der Körper beschädigtes Gewebe regeneriert. Dies geschieht entweder durch die vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Gewebes oder durch Ersatz mit narbigem Gewebe. Narben entstehen, wenn das kollagene Netzwerk der Haut zerstört und durch faserreiches Ersatzgewebe ersetzt wird. Sie markieren den Abschluss der Wundheilung und sind ein sichtbares Zeichen dafür, dass der Heilungsprozess beendet ist (Koller, 2022a).

Prävalenz

Narben sind ein nahezu universelles Phänomen – fast jeder Mensch entwickelt im Laufe seines Lebens Narben, etwa durch Unfälle, chirurgische Eingriffe oder andere Verletzungen. Die Häufigkeit auffälliger oder problematischer Narben variiert jedoch stark und hängt unter anderem von der Art und Tiefe der Verletzung sowie vom individuellen Heilungsverlauf ab. Während einige Narben kaum sichtbar sind und keine Beschwerden verursachen, können andere zu funktionellen oder ästhetischen Beeinträchtigungen führen (Koller, 2022a).

Relevanz der Narbenbehandlung

Die Behandlung von Narben ist nicht nur aus ästhetischen Gründen wichtig, sondern auch zur Verbesserung der Funktionalität und Lebensqualität. Insbesondere bei Narben, die über Gelenken liegen oder aufgrund ihrer Struktur Bewegungseinschränkungen verursachen, kann eine gezielte Therapie helfen, Beschwerden zu lindern und die Elastizität des Gewebes zu verbessern. Eine frühzeitige Behandlung kann zudem das Risiko einer auffälligen Narbenbildung deutlich verringern.

2. Phasen der Wundheilung

Die Wundheilung ist ein komplexer biologischer Prozess, der in mehreren aufeinanderfolgenden Phasen verläuft. Jede dieser Phasen erfüllt spezifische Aufgaben innerhalb eines zeitlich definierten Rahmens, der je nach Art und Ausmaß der Verletzung sowie individuellen Faktoren wie Alter oder bestehenden Vorerkrankungen variieren kann. Ein geregelter Ablauf kennzeichnet die normale Wundheilung – treten Störungen auf, kann dies zu einer abweichenden Narbenbildung führen (Lorenz, 2021; Knestele, 2023).

  • Dauer: 1 bis 4 Tage nach der Verletzung (Koller, 2022; Lorenz, 2021).
  • Ablauf: Unmittelbar nach der Verletzung wird die Blutung durch die Blutgerinnung (Hämostase) gestoppt. Anschließend beginnt die Exsudation: Fibrin und geronnenes Blut reinigen die Wunde. Weiße Blutkörperchen (Leukozyten) beseitigen Bakterien sowie abgestorbenes Gewebe.
  • Normale Heilung: Die Wunde bleibt sauber und zeigt keine Anzeichen von Infektionen oder Eiterbildung.
  • Störungen: Kommt es zu Infektionen, können Rötung, Schwellung, Überwärmung und Eiter auftreten, was den Heilungsverlauf verzögert (Knaus, 2012).
  • Dauer: 4 bis 10 Tage nach der Verletzung (Koller, 2022; Lorenz, 2021).
  • Ablauf: Granulationsgewebe, bestehend aus neuen Blutgefäßen und Kollagenfasern, füllt den Wundbereich auf. Die Wunde erscheint gut durchblutet und rosafarben.
  • Normale Heilung: Stabiles Granulationsgewebe unterstützt die weitere Heilung effektiv.
  • Störungen: Erkrankungen wie Diabetes oder arterielle Durchblutungsstörungen können die Bildung dieses Gewebes beeinträchtigen.
  • Dauer: Ab dem 5. bis etwa zum 14. Tag nach der Verletzung (Lorenz, 2021).
  • Ablauf: Neue Epithelzellen bilden sich und wachsen über die Wunde, bis sie vollständig verschlossen ist. In dieser Phase wird die Wunde zuverlässig von außen abgedichtet und geschützt. In diesem Stadium ist die Narbe oft noch empfindlich und leicht gerötet.
  • Normale Heilung: Die Wunde verschließt sich vollständig ohne Infektionen oder übermäßigem Gewebewachstum.
  • Störungen: Eine verzögerte Epithelisierung kann bei unzureichender Nährstoffversorgung (z. B. Zink- oder Vitamin A-Mangel) auftreten (Narbeninfo, 2021).
  • Dauer: Beginn etwa ab dem 14. Tag nach der Verletzung; kann sich über Monate oder sogar Jahre erstrecken (Lorenz, 2021; Koller, 2022).
  • Ablauf: Das zuvor gebildete Granulationsgewebe wird zu faserreichem Narbengewebe umgebaut. Kollagenfasern werden neu strukturiert und verdichtet, wodurch die Narbe stabiler wird. Mit der Zeit flacht die Narbe ab und wird blasser, da die Durchblutung zurückgeht.
  • Normale Heilung: Die Narbe ist elastisch und verursacht keine Beschwerden wie Schmerzen oder Juckreiz.

Störungen: Hypertrophe Narben oder Keloide entstehen durch übermäßiges Gewebewachstum. Bei unzureichender Kollagenbildung kann sich eine atrophe Narbe entwickeln.

3. Beurteilung einer Narbe

Merkmale einer normalen Narbe

Eine unauffällige Narbe ist flach, blass oder leicht rötlich. Das Narbengewebe ist elastisch und frei von Verhärtungen. Typischerweise bestehen keine Beschwerden wie Schmerzen, Juckreiz oder funktionelle Einschränkungen (Knestele, 2023).

Abweichende Narbenheilung

Von einer gestörten Narbenheilung spricht man, wenn der Heilungsprozess nicht regelrecht verläuft. Ursachen können Infektionen, mechanische Reizungen oder genetische Faktoren sein (Koller, 2022; Knaus, 2012).

Mögliche Störungen und Merkmale

Infizierte Wunden äußern sich durch Rötung, Schwellung, Überwärmung und Eiterbildung. Derartige Komplikationen verzögern die Heilung und können auffällige Narben verursachen.
Diese Narben sind verdickt und erhaben, bleiben jedoch auf das ursprüngliche Wundareal beschränkt. Sie entstehen häufig durch Zugspannung oder eine verlängerte Heilungsdauer.
Dabei handelt es sich um wuchernde Narben, die über die Wundgrenzen hinauswachsen. Keloide sind oft genetisch bedingt und treten gehäuft bei dunkler Hautfarbe auf.
Solche Narben sind eingesunken und entstehen durch eine unzureichende Bildung von Kollagen, etwa nach Akne oder Windpocken. Das betroffene Gewebe erscheint dünn und instabil.
Großflächige oder straffe Narben – vor allem über Gelenken – können die Beweglichkeit beeinträchtigen. Typisch sind diese Veränderungen nach schweren Verbrennungen.

4. Behandlungsmöglichkeiten

Konservative Ansätze

Konservative Maßnahmen sind nicht-invasive Behandlungsformen, die vor allem bei frischen oder unauffälligen Narben zum Einsatz kommen. Ziel ist es, die Heilung zu unterstützen und das Erscheinungsbild der Narbe zu optimieren.

Durch regelmäßiges Auftragen von Narbensalben oder -gelen lässt sich die Elastizität des Gewebes verbessern und Spannungsgefühle reduzieren. Diese Produkte enthalten häufig pflegende und entzündungshemmende Wirkstoffe wie Panthenol oder Allantoin.
Silikonhaltige Pflaster oder Gele können zur Reduzierung von Narbendicke und -verfärbung beitragen. Denn der sogenannte okklusive Effekt sorgt für eine feuchte Umgebung, wodurch die Kollagenproduktion reguliert und das Narbenbild positiv beeinflusst wird.
Spezielle Pflaster unterstützen die Wundheilung, mindern Juckreiz, schützen die Narbe vor mechanischer Belastung und wirken der Entstehung auffälliger Narben entgegen. Bei regelmäßiger Anwendung kann sich das langfristige Narbenbild deutlich verbessern.
Sanfte Massagetechniken fördern die Durchblutung, verbessern die Mobilität der Gewebeschichten gegeneinander und beugen Verklebungen vor, wodurch die Beweglichkeit erhalten bleibt und das Narbengewebe geschmeidiger wird.

Narbenmobilisation: Bedeutung und Durchführung

Die Mobilisation von Narben spielt eine zentrale Rolle, um die Elastizität des Gewebes zu fördern und Bewegungseinschränkungen zu vermeiden. Etwa 3 bis 4 Wochen nach abgeschlossener Wundheilung kann mit der Mobilisation begonnen werden (Knaus, 2012; Knestele, 2023).

Sanfte Massagen mit kreisenden Bewegungen entlang der Längs- und Querachse der Narbe. Einsatz von Massageölen oder reichhaltigen Emulsionen zur Verringerung der Reibung.
Die Behandlung soll die Durchblutung im Narbenbereich fördern, die Gewebeelastizität verbessern und Verklebungen mit tieferliegenden Schichten verhindern, um Beweglichkeit zu erhalten und Schmerzen vorzubeugen.

Operative Ansätze

Zur Reduktion auffälliger Narben können chirurgische Eingriffe oder Laserbehandlungen eingesetzt werden. Auch Mikroneedling regt durch winzige Nadelstiche einen natürlichen Reparaturprozess in Gang, der die Hauterneuerung und Geweberegeneration fördert. (Lorenz, 2021).

Möglichkeiten zur Selbsthilfe bei Narbenbehandlung

Selbsthilfe ist ein wichtiger Bestandteil der Nachsorge und unterstützt die Wundheilung sowie ein unauffälliges Narbenbild. Durch einfache Maßnahmen können Betroffene die Geweberegeneration fördern, Beschwerden lindern und das Risiko für auffällige Narben verringern.

Eine saubere, trockene Wunde ist essenziell zur Infektionsvermeidung und für eine optimale Heilung, da Infektionen die Heilung verzögern und auffällige Narben begünstigen können. Deshalb wird eine regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Wunde empfohlen; bei größeren oder tieferen Verletzungen sollte zudem ein steriler Wundverschluss durch Fachpersonal erfolgen (Narbeninfo, 2021).
Eine ausgewogene Ernährung liefert die notwendigen Nährstoffe für die Geweberegeneration, wobei insbesondere bestimmte Mikronährstoffe eine zentrale Rolle spielen: Proteine fördern den Gewebeaufbau, Vitamin A die Zellregeneration, Vitamin C die Kollagenbildung und Zink unterstützt das Immunsystem sowie die Wundheilung. Eine abwechslungsreiche Ernährung mit frischem Obst, Gemüse, magerem Fleisch, Fisch und Nüssen kann den Heilungsverlauf positiv beeinflussen (Narbeninfo, 2021).
Frische Narben sind besonders lichtempfindlich, da UV-Strahlung zu dauerhaften Pigmentveränderungen führen kann. Daher wird empfohlen, direkte Sonneneinstrahlung zu vermeiden, Sonnencremes mit einem hohen Lichtschutzfaktor (mindestens SPF 30) zu verwenden und die Narben möglichst durch Kleidung oder Pflaster abzudecken.
Durch sanfte Massagen lassen sich Spannungen im Gewebe gezielt lösen, wodurch die Beweglichkeit verbessert werden kann. Diese Technik wirkt sich insbesondere im Bereich von Narben positiv aus. So wird unter anderem die Durchblutung im Narbengewebe gesteigert, was die Regeneration unterstützt. Gleichzeitig trägt die Massage zur Verbesserung der Elastizität des Gewebes bei und kann helfen, Bewegungseinschränkungen vorzubeugen – vor allem dann, wenn sich Narben in der Nähe von Gelenken befinden.
Empfohlen wird, die betroffene Stelle mit sanften, kreisenden Bewegungen zu massieren. Zur zusätzlichen Unterstützung kann die Anwendung von speziellen Narbensalben oder Ölen sinnvoll sein (Narbeninfo, 2021).

5. Prävention und Nachsorge für eine gute Wundheilung

Eine sorgfältige Wundversorgung ist entscheidend für eine optimale Heilung. Dazu gehören (Koller, 2022; Knestele, 2023):

  • Gründliche Reinigung und Desinfektion der Wunde
  • Frühzeitiger Einsatz geeigneter Narbenpflegeprodukte
  • Physiotherapeutische Maßnahmen bei Narben in Gelenknähe zur Vorbeugung von Bewegungseinschränkungen

Vermeidung von Risikofaktoren für eine gestörte Narbenheilung

Die Ursachen für eine beeinträchtigte Narbenheilung sind vielfältig und können den Heilungsprozess erheblich stören. Oft entstehen dadurch auffällige oder problematische Narben mit funktionellen oder ästhetischen Beeinträchtigungen (Narbeninfo, 2021; Knestele, 2023). Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen:

Infektionen verzögern die Wundheilung und erhöhen das Risiko der Entstehung auffälliger Narben. Typische Anzeichen sind Rötung, Schwellung, Überwärmung und Eiterbildung. Solche Verläufe erhöhen das Risiko für hypertrophe Narben oder Keloide.
Übermäßige Spannung etwa durch Bewegung oder fehlende Ruhigstellung kann das Gewebe zusätzlich reizen und die Heilung beeinträchtigen. Dies begünstigt die Bildung breiter oder unregelmäßiger Narben.
Eine genetische Veranlagung kann dazu führen, dass Narbengewebe über das normale Maß hinaus wuchert – man spricht dann von einem Keloid.
Chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Durchblutungsstörungen beeinträchtigen die Gewebeversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen, was die Wundheilung verzögern und das Risiko für problematische Narbenbildungen erhöhen kann.
Eine verspätete oder unsachgemäße Versorgung, insbesondere bei tiefen oder großflächigen Verletzungen, kann Infektionen und auffällige Narben zur Folge haben.
Ein Defizit an essenziellen Nährstoffen – etwa Proteinen, Vitamin A, Vitamin C oder Zink – beeinträchtigt die Kollagenbildung und Geweberegeneration und kann den Heilungsverlauf verzögern (Narbeninfo, 2021).
Nikotin verringert die Durchblutung und die Sauerstoffzufuhr des Gewebes, was zu einer verzögerten Wundheilung und erhöhtem Narbenrisiko führt.

Fazit: Eine gezielte Pflege und medizinische Betreuung sind ausschlaggebend für einen positiven Heilungsverlauf und ein unauffälliges Narbenbild. Neben ärztlichen Maßnahmen ist auch die Eigeninitiative wichtig – etwa durch regelmäßige Narbenmassagen und konsequenten UV-Schutz.

6. Weiterführende Angebote

Zur Dokumentation von Heilungsverläufen kann die frei verfügbare WundDoku-App verwendet werden:
https://www.draco.de/wunddoku-app/

7. Unsere Rehazentren

rehaneo kann Ihnen helfen, dies zu verhindern

Gesundheits-
Zentrum Hunsrück

Laubacher Straße 44
56288 Kastellaun

Ambulantes Rehazentrum Koblenz

Pastor-Klein-Straß 9
56073 Koblenz

Göttinger Rehazentrum Rainer Junge

Sprangerweg 3
37075 Göttingen

Bonner Zentrum für Ambulante Rehabilitation

Modestusstraße 6 – 8
53229 Bonn

REHA VITA Cottbus

Feigestr. 1
03046 Cottbus

Reha Viersen
GmbH

Lindenallee 5b
41751 Viersen-Dülken

Ambulante Reha am Krankenhaus

Martin-Heyden-Str. 32
52511 Geilenkirchen

8. Quellenverzeichnis

  1. Koller, Thomas (2022a): Grundlagen zur Gewebephysiologie und Wundheilung. In: Thomas Koller (Hg.): Rehabilitation komplexer muskuloskelettaler Verletzungen. Kompendium für Physiotherapeuten und Ergotherapeuten. 1st ed. 2022. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; Imprint Springer (Springer eBook Collection), S. 27–39. Online verfügbar unter https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-63534-6_3?utm_source=chatgpt.com.
  2. Koller, Thomas (Hg.) (2022b): Rehabilitation komplexer muskuloskelettaler Verletzungen. Kompendium für Physiotherapeuten und Ergotherapeuten. 1st ed. 2022. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg; Imprint Springer (Springer eBook Collection).
  3. Lorenz, Roxane (2021): Wundheilungsphasen: Ablauf der Wundheilung – DRACO. In: Dr. Ausbüttel & Co. GmbH, 01.06.2021. Online verfügbar unter https://www.draco.de/wundheilungsphasen/?utm_source=chatgpt.com, zuletzt geprüft am 11.02.2025.
  4. Narbeninfo (2021): Durch Ernährung die Wundheilung fördern | narbeninfo.de. Online verfügbar unter https://www.narbeninfo.de/narbenmagazin/die-wundheilung-von-narben-foerdern-mit-der-richtigen-ernaehrung/?utm_source=chatgpt.com, zuletzt aktualisiert am 17.05.2021, zuletzt geprüft am 11.02.2025.
  5. WundDoku App: Kostenfrei, schnell & digital Wunden dokumentieren (2021). In: Dr. Ausbüttel & Co. GmbH, 08.06.2021. Online verfügbar unter https://www.draco.de/wunddoku-app/, zuletzt geprüft am 11.02.2025.
  6. Koller, T. (2022). Grundlagen zur Gewebephysiologie und Wundheilung. In T. Koller (Hrsg.), Rehabilitation komplexer muskuloskelettaler Verletzungen (S. 27–39). Springer Berlin Heidelberg.
  7. Lorenz, R. (2021). Wundheilungsphasen: Ablauf der Wundheilung – DRACO.
  8. Knestele, M. (2023). Narbentherapie. Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren.
  9. Knaus, W. (2012). Narbenbehandlung in der Ergotherapie. Kantonsspital Aarau.
  10. Narbeninfo (2021). Durch Ernährung die Wundheilung fördern | narbeninfo.de.